Rodelverein

Swarovski-Halltal-Absam

seit 1904

Melitta Hörmandinger - Wilde Rodlerin der 1950er Jahre

Mit 14 Jahren Vereinsmeisterin und mit 15 Jahren Österreichische Rodelmeisterin. Melitta Hörmandinger, geborene Laimgruber Jahrgang 1935 gehörte mit  ihrer Schwester Franzi Zintinger, Annemarie Öttl, geborene Mayr, Hanna Stocker, geborene Possmoser und Hilde Sturm zum Rodel-Dream-Team  der 1950er Jahre des RV Swarovski-Halltal-Absam.  

Frech und fanatisch war sie nach eigenem Bekunden schon immer. Extrem ehrgeizig, ohne Angst und mit einem starken Siegeswillen ausgestattet sowieso. Mit der jungen Melitta Hörmandinger musste man in den 1950er Jahre immer rechnen. Aufgewachsen ist sie in der Absamer Salzbergstraße und war schon als Kind viel mit der Rodel am Weg gewesen. „Wenn es gut gelaufen ist, sind wir mit der Rodel von St. Magdalena bis nach Hall zum Kasenbacher am unteren Stadtplatz gerodelt. Streu und Salz gab es nicht“, erinnert sie sich noch heute gerne an diese Zeit zurück. Es war ihr Vater, als Bergmann in der Saline selber begeisterter Rodler, der sie zum Rodeln brachte. So lernte sie bereits als Kind das Rodeln im Halltal, das sie in und auswendig kannte. Obwohl völlig überraschend, kam es nicht von ungefähr, dass sie am Stefanitag 1949 im zarten Alter von vierzehn Jahren die Vereinsmeisterschaften gewann und damit die jüngste Vereinsmeisterin aller Zeiten wurde. Gestartet wurde bei der dritten Ladhütte - gerodelt bis Kreuzmader. „Die Sturm Hilde ist damals Zweite geworden“, erinnert sich Melitta. „Mit ihr habe ich mich noch über Jahre gefetzt und sie war immer regelrecht sauer, wenn ich sie schlagen konnte“. 

Jüngste österreichische Rodelmeisterin
Ihren ersten großen nationalen Erfolg errang sie als 15-jährige am 1. Februar 1951 am Semmering. Gewann sie doch völlig überraschend die Österreichischen Rodelmeisterschaften und wurde damit die  jüngste Österreichische Rodelmeisterin aller Zeiten. Da es keine Jugend und Schüler-Klassen gab, musste sie in der allgemeinen Klasse mitrodeln. Doch obwohl sie die schnellste Zeit gefahren hatte, war ihr Titel noch nicht sicher:  Die Zweitplatzierte aus der Steiermark  wollte bei diesen Meisterschaften ihre Karriere mit einem Titel beenden und versuchte noch, Melitta aus dem Wettbewerb auszuschließen, da ihrer Meinung nach Kinder nicht zulässig wären. Doch die Jury entschied zugunsten Melittas: Sie hat teilgenommen, ist die schnellste Zeit gefahren und ist damit die Siegerin. 

Schicksalshafte Europameisterschaften 1953
Anfang der 1950er Jahre wechselten immer mehr Rodel-Veranstaltungen und Meisterschaften von der Naturbahn auf die Bobbahn. So wurden die Rennrodel-Europameisterschaften 1953 auf der Bobbahn von Cortina d’Ampezzo ausgetragen. Auch Melitta war gemeldet und bestens vorbereitet. Noch heute schwärmt sie von ihrer „Spezial-Rodel“: „ Das Gewicht meiner Rennrodel war von 14 auf die maximal erlaubten 20 kg erhöht worden. Und das Beste: Da ich so klein war, wurde meine Rodel verkürzt. So eine Rodel gab es nicht ein zweites Mal: sie war ein Unikat“. Der Start in Cortina d’Ampezzo kam allerdings einer Mutprobe gleich. Die Rodler saßen beim Start etwas erhöht und es ging nach allen Seiten steil nach unten. Links und rechts war nichts, es ging auch da nur steil nach unten. „Ich war einfach frech und furchtlos, sonst wäre es nicht gegangen“, erinnert sich Melitta mit einem Augenzwinger.

Aber das Unheil nahm seinen Lauf. Die Bobbahn von Cortina d’Ampezzo war etwa in der Mitte unterbrochen, damit die Zuschauer queren konnten. Und genau diese Stelle sollte Melitta zum Verhängnis werden. Bei unserem Vereins-Schriftführer und Chronisten, Johann Würtenberger liest sich das so: „… wiederum bewies sich unsere Tiroler Abordnung als eine der gefährlichsten Konkurrenten. Nur unsere Teilnehmer waren vom Pech verfolgt. So zum Beispiel unsere kleine Melitta Laimgruber, die durch einen Sturz das Rennen aufgeben musste. Gut lag sie beim Training und beim ersten Lauf in der Wertung….“ Und Melitta ergänzt noch heute: „Ich bin an einer der Ecken des Zuschauer-Durchgangs mit dem Schuh hängengeblieben und gestürzt.  Dabei hat mich meine Rodel am Kopf getroffen. Da wir damals keinen Helm trugen, sondern maximal ein Kopftuch, wurde ich mit einem Loch im Kopf ins Krankenhaus eingeliefert, das ich aber erstversorgt bald wieder verlassen konnte“. 

Ein letzter Titel: Die Tiroler Meisterschaft
Zwei Jahre später ist sie dann schwanger geworden und hat geheiratet. 1956 ist sie ein letztes Mal bei den Tiroler Meisterschaften auf der Naturbahn in Igls gestartet. Allerdings noch unter ihrem Mädchennamen Laimgruber. Da sie die Bahn nur vom Hörensagen kannte, wurde ihr mündlich erklärt, in welcher Kurve sie aufpassen muss. Prompt gewann sie die Meisterschaft und bekam ein Schnapsglaserl mit dem Tiroler Adler als Sieger-Trophäe geschenkt.

Ihre letzte „offizielle“ Rodelfahrt hat sie mit ihrem Bruder in Igls 1956 beim Training unternommen. Er ist vorne gesessen und sie hinten, als sie stürzten und sich in den Wald verabschiedeten. „Früher sind wir hinausgeflogen“, so Melitta. „Heute fallen die Rodler auf die Bahn zurück. Die Bahn in Igls war so gefährlich, dass man sich beim geringsten Fehler aus der Bahn verabschiedet hat. Damals führte die Strecke von der Römerstraße bis zur Talstation der Patscherkofelbahn. Wegen mehreren Unfällen in der Zielkurve hat man die Bahn viele Jahre später geschlossen“.

Und die Rodelbegeisterung ist noch immer vorhanden
Seit ihrer schweren Operation an der Wirbelsäule vor zehn Jahren sitzt Melitta im Rollstuhl und ärgert sich, dass sie nicht mehr gehen kann. Es fällt dem früheren Energiebündel sichtbar schwer, sich mit seiner Situation abzufinden. „Es kann schon sein, dass ich durch meine vielen Abflügen Schäden an der Wirbelsäule davon getragen habe“, gibt sie selbstkritisch zu. „Aber wenn ich da ans Halltal denke, das Bettelwurfeck. Das war schon schwer zu rodeln und trotzdem sind wir es immer ohne zu bremsen gefahren. Haben also in Summe riesiges Glück gehabt, dass nicht mehr passiert ist“.

Aber ihre Begeisterung für den Rodelsport hat sie sich erhalten. Noch immer verpasst sie kein Rodelrennen im Fernsehen. Und wehe, es versucht jemand, sie während der Übertragung des Rennens anzusprechen, der bekommt sehr schnell zu spüren, dass das alte Rodel-Feuer noch immer brennt. Auch mit ihren 84 Jahren.